Alex from Kanada zu Besuch

Das kurze, coronaarme Zeitfenster im Frühherbst 2021 gestattete es. Alexander Püttner, ein ehemaliger Musiker des Musikvereins Pfaffenrot, seit 21 Jahren wohnhaft in Toronto in  Kanada, stattete seiner Heimatgemeinde Pfaffenrot mal wieder einen Besuch ab. Neben Verwandten und Freunden gehört der Musikverein Edelweiß immer zu seinen Besuchszielen. Von den Musikern immer herzlich aufgenommen, stellt er sich gerne den zahlreichen Fragen der interessierten Mitglieder.
Die MVE-Webseitenredaktion bedankt sich herzlich bei Alexander Püttner für das nun folgende Interview. 


 

Von wann bis wann hast du beim MVE gespielt und welches Instrument hast du gespielt?

Ich habe 1981 beim MVE angefangen. Das war der Beginn des Jugendblasorchesters. Ich war einer der Jüngesten und hatte so kleine Finger, dass ich auf die kleine Es-Klarinette eingeteilt wurde. Das war besonders zum Leid von Dirigent Gernod Franz, denn das Instrument ist nicht einfach in Stimmung zu halten. Klarinette wollte ich unbedingt, denn die hat ja Onkel Reinhard Sussman gespielt und hat mich fasziniert.

Ich bin 2000 nach Kanada gezogen und habe bis dahin im MVE gespielt – teilweise mit ein paar Unterbrechungen für Auslandsstudium und Bundeswehr. Seither bin ich passives Mitglied.

Wie fühlst du Dich in Kanada?

Ich bin bereits seit 2000 in Kanada. Es gefaellt mir hier recht gut. Ich finde, dass Kanada so eine gute Mischung aus Europa und den USA ist. Spassig gesagt: Wenn Europa und die USA ein Kind bekämen, dann käme dabei Kanada heraus. Es ist ein riesiges Land und die Unterschiede sind aber auch sehr groß. Ich lebe in Toronto, wo ich mich auch als Neuankömmling von Anfang an sehr wohl gefühlt habe. Besonders durch die Musik habe ich auch Anschluss gefunden.

Der Winter hier ist kalt und lang. Die Luftfeuchtigkeit in den Häusern ist sehr niedrig, was meiner Holzklarinette nicht sehr gefallen hat. Nach dem ersten Winter ist sie geschrumpft und die Klappen und Scharniere sind stecken geblieben. Gluecklicherweise konnte ein guter Reparateur das leicht wieder beheben.

 

Du spielst dort in einem "Musikverein", wie ist der organisiert, worin unterscheidet sich dies von unserem Verein und der Vereinsphilosophie?

Es gibt einige Musikvereine hier in der Stadt mit sehr unterschiedlichem Niveau. Oft werden sie auch Community Orchestra genannt, da sie einen „Standort“ in einem Stadtteil haben. Teils sind sie sehr niveauvoll und haben ein Auswahlverfahren. Andere dagegen sind sehr leger und nehmen jeden Musiker auf. Sie sind meist als gemeinnützige Vereine eingetragen und haben auch einen gewählten Vorstand. Es ist üblich, dass die Musiker Mitgliederbeiträge zahlen um für Proberaum, Dirigent und Notenkauf beizutragen.

Das Ziel der Orchester ist meist auf Konzerte und musikalische Weiterbildung der Mitglieder beschränkt. Jedes Orchester macht zwei oder drei Konzerte im Jahr. Musikfeste gibt es leider nicht. Aktivitäten ausserhalb des Proberaums sind eher selten.


Du besuchst immer, wenn du in Pfaffenrot bist, den Musikverein. Was gefällt dir daran?

Wenn moeglich schaue ich gerne in der Probe vorbei. Zum einen ist es schön, mal wieder reinzuhören wie das grosse Orchester klingt. (Ich kenne hier kein Orchster das nur annähernd so gross ist.) Zum anderen ist es die Kameradschaft und die Geselligkeit. Ich freue mich und bin auch immer wieder ein wenig verwundert, wie herzlich ich aufgenommen werde, nach nun schon mehr als 20 Jahren im Ausland.

Vor 2 Jahren haben mich Sigrid und Martin eingeladen, in der Probe mitzuspielen. Das hat mich riesig gefreut und hat Spass gemacht – bis Ankunft von Heinz Becht-  war ich sogar der Älteste im gesamten Klarinettenregister. 

 

In welchem Orchester spielst du?

Ich spiele in zwei Orchestern und einem Klarinetten-Quartett.

Festival Wind Orchestra ( → https://festivalwindorchestra.com) ist ein Blasorchester. Der Probebetrieb ging im Oktober nach langer Corona-Pause wieder los, doch leider sind wir im Moment von 40 auf 20 Musiker geschrumpft. Vor Corona spielten wir 2 Konzerte pro Jahr, ab und zu in Altersheimen und auch zusammen mit Schulklassen. Es ist ein recht geselliges Orchester und nach der Probe geht es auch immer in den Pub auf ein Bier.

Counterpoint Community Orchestra (→ https://ccorchestra.org) ist ein Symphonieorchester, wo ich im Moment auf der 2. Klarinette aushelfe. Es ist eine neue Erfahrung in einem Symphonieorchester zu spielen und macht riesig Spaß. Da braucht man neben der B-Klarinette auch eine A-Klarinette.

 

Gibt es Unterschiede der Orchester in Deutschland und Kanada?

In Kanada wird ausschlieslich das Boehm-System gespielt. Wenn ich vom deutschen System hier erzähle sind viele überrascht, dass es andere Systeme gibt.

Orchester Stimmung hier ist 440 Hz, nicht 442 Hz wie in Deutschland. Das lässt ich aber leicht mit einer kürzeren Birne beheben.

Die Tonleiter in Kanada hat kein H. Sie geht CDEFGABC. Die B-Klarinette heisst daher auch „Bb Clarinet“ in Kanada.

Viele Kinder hier lernen ein Instrument in der Schule, nicht in einem Verein. Die Schule stellt Instrumente, der Musiklehrer macht den Unterricht und leitet das Schulorchester. Leider hören aber die meisten Kinder auf zu spielen, wenn sie die Schule verlassen und ihr Instrument abgeben.

 

Welche Instrumente hast du beim MVE gespielt?

Ueber die Jahre bin ich stetig „abgestiegen“ – in der Tonlage – von Es-Klarinette, auf B-Klarinette, auf Alt-Klarinette und dann auf Bass-Klarinette. Dazu musste ich dann auch von dem deutschen Klarinettensystem auf Boehm-System wechseln. Die Mechanik der Klarinette ist etwas anders und man muss einige Griffe neu lernen.

 

Lieber Alex, herzlichen Dank für das Interview und weiterhin alles Gute für Dich.

 


 
(mve, BK)

Hier noch ein sehenswertes → Video einer Konzertaufführung (mit Alex an der Klarinette)

(Auf den folgenden Fotos ist Alexander Püttner am hellen Hemd zu erkennen)

 

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